Heimkehr: Kriminalroman (German Edition) by Franz Kabelka

Heimkehr: Kriminalroman (German Edition) by Franz Kabelka

Autor:Franz Kabelka [Kabelka, Franz]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Haymon Verlag
veröffentlicht: 2015-03-13T16:00:00+00:00


Freitag, 19. 10. 01

Das Gelände steigt gegen Norden hin, dort, wo noch Platz für neue Gräber ist, leicht an, und von der Anhöhe aus bietet sich einem eine idyllische Aussicht auf die gepflegte Friedhofslandschaft mit dem alten Kirchlein, auf das Tostner Ried, den lang gezogenen Rücken des Schellenbergs, den sich Österreich mit Liechtenstein teilt, auf den Rhein dahinter und die Schweizer Berge, deren höchste Gipfel in der letzten Nacht wieder frisch überzuckert wurden. Postkartenreif erscheint Hagen das morgendliche Panorama. Hat er nicht erst unlängst eine Ansichtskarte mit eben diesem Motiv unter den Lauben der Feldkircher Marktgasse gesehen?

Seine Brust weitet sich. Wenn er die Luft hier mit der in Linz vergleicht, mit der Dunst- und Chemiewolke, die die Donaustadt zumeist in ein depressives Schummerlicht taucht… Darfst dich glücklich schätzen, dem endlich entkommen zu sein. Ein wohliger Schauer rieselt ihm über den Rücken, der erste seit Wochen. Zwar wäre an dieser westlichsten Begräbnisstätte Österreichs, wo sich auch dein eigenes Familiengrab mit den Großeltern und Urgroßeltern befindet, so etwas wie Beklommenheit eher am Platz; aber du hegst nun einmal Friedhöfen gegenüber keine negativen Gefühle, hast ihre Atmosphäre, im Gegenteil, schon immer geschätzt. Höfe des Friedens, genau das sind sie für dich! Wenn du Urlaub an einem neuen Ort machst, führt dich dein erster Weg zumeist auf den lokalen Gottesacker. Wo er situiert ist und wie er gepflegt wird, sagt viel über das Verhältnis der Menschen zueinander aus, nicht nur über ihre Praxis gegenüber den Toten. Verstecken sie ihre letzte Ruhestätte, oder nehmen sie sie in ihre Mitte? Wird ein einheitliches Erscheinungsbild angestrebt, mit militärisch exakten Fluchtlinien, an denen sich die Grabsteine auszurichten haben, oder darf die Natur auch oberhalb der Grasnarbe ihr Recht einfordern? Leuchten weiße Vitrinenwände mit bunten Plastikbouquets, wie in den Cinque Terre, dem offenen Meer entgegen, oder bohren sich graue Obelisken in den tief hängenden Himmel wie in Glasgow? In Lateinamerika waren es die Würmer pickenden Hühner auf den Gräbern, auf den Aran-Inseln die schlichten blauen Fischernetze, die dich faszinierten, oder das Grabsteinlabyrinth auf dem jüdischen Friedhof in Prag. Würdest du eine Fotoausstellung von all den Friedhöfen machen, die du je besucht hast, es würde ein buntes Gesamtbild ergeben. Aber Fotografieren ist ja deine Sache nie gewesen. Du versuchst die Bilder in dir zu speichern ohne den Umweg über deren Reproduktion, über Alben oder modische Memory Sticks.

Der Schnee auf dem Gipfel des Hohen Kasten lässt Gedanken an den Winter in ihm hochkommen. Vielleicht sollte er sich doch wieder Schi zulegen, am besten Langlaufschi. Genau in westlicher Richtung, hinter dem ersten Bergrücken, liegt Wildhaus, das bekannte Langlaufgebiet. Ob Lisa noch so vernarrt ist in diesen Sport wie seinerzeit? Abseits der Loipen, da zog sie am liebsten ihre Spur, querfeldein, auch wenn das viel mehr Kraft kostete. Aber Kraft hatte sie ja mehr als genug – Kraft und eine Direktheit, die bisweilen ans Ordinäre grenzte. Wie willst du mit mir noch bumsen, wenn du jetzt schon schlappmachst? Lisa, der kleine Teufel! Wie sie auf dem Hügel oben zwischen den zwei Kiefern auf



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